Interaktive Konzerte mit Aeham Ahmad

Am 1. Oktober kam der Musiker Aeham Ahmad zu zwei interaktiven Schülerkonzerten am Vormittag und einem Abendkonzert im Musiksaal an unsere Schule. Möglich wurde dies auch dank der Unterstützung von Sirius e. V., dem Förderverein der Schule, welcher die Schülerveranstaltungen mit zweimal 90 Minuten am Vormittag mit vierhundert Euro ermöglicht hat.

Aeham Ahmad entstammt einer palästinensischen Familie, welche 1948 nach Syrien geflüchtet war. Geboren und aufgewachsen als geduldeter Staatenloser im Flüchtlingsviertel Yarmouk in Damaskus, erlebte er eine außergewöhnliche Kindheit. Sein Vater, welcher als Kind erblindet war, hatte mit unbeirrbarem Willen das Schreinerhandwerk erlernt. Als passionierter Musiker (Geige, Akkordeon, Keybord…) hatte er das Ziel, sein Sohn solle das klassische Klavierspiel erlernen. Aeham’s Mutter unterrichtete Kunst und Musik an einer palästinensischen Volksschule und sang sehr gerne zuhause. Aeham bestand die Aufnahmeprüfung am Konservatorium in Damaskus und erhielt dort wohl als einziger Palästinenser Klavierunterricht, was nur durch den großen Einsatz der Familie möglich war. Später studierte er Musikpädagogik in Homs. In seinem herausragenden autobiographischen Buch „Und die Vögel werden singen“ sind seine Kindheit und Jugend sowie die Zeit des Bürgerkriegs bis zu seiner Flucht nach Deutschland ergreifend beschrieben.    

An den interaktiven Konzerten im Musiksaal nahmen die Oberstufe und beide achten Klassen teil. Aeham Ahmad spielte eigene Kompositionen auf dem Klavier und begleitete diese oft selbst durch einen ergreifenden Gesang in der arabischen Vierteltonharmonie. Zwischen den musikalischen Darbietungen wurden Passagen aus seinem Buch „Und die Vögel werden singen“ vorgetragen, welche Einblicke in die dramatische Lebenssituation in dem belagerten und von der Versorgung abgeschnittenen Stadtviertel Yarmouk während des syrischen Bürgerkriegs vermittelten. Dort hatte Aeham Ahmad mit seinen Kompositionen und Auftritten ein Zeichen gegen die Zerstörung, den Hass und das Elend gesetzt.

Die Schülerinnen und Schüler waren eingeladen, Fragen zu stellen und Aeham Ahmad ging auf deutsch und englisch sehr lebendig und bildhaft auf deren Fragen ein. Er schilderte, wie schwer es ihm gefallen war, als Einziger Klavier üben zu müssen, während seine Freunde draußen Fußball spielten; auch die strengen Sanktionen in der Schule wurden theatralisch nachgespielt. Als er erzählte, dass er in Deutschland mit der deutschen Staatsbürgerschaft nun erstmalig einen Pass besitze und reisen dürfe, staunten viele. So konnten die Schülerinnen und Schüler nicht nur durch die ergreifende Musik in eine andere Welt eintauchen, sondern auch durch die Erzählungen die Situation von Geflüchteten nachempfinden. In seinem Buch „Ankommen…!? wie schaffen wir das“ sind die Stationen von der Flüchtlingsunterkunft bis zum eigenen Heim in einem hessischen Dorf lebendig beschrieben.

Für Begeisterung sorgte bei den Achtklässlern die Demonstration der Vierteltonmusik auf dem Keybord (das Klavier ist in Halbtonschritten gestimmt), wo Aeham Ahmad einen arabischen Techno erklingen ließ, um ihnen einen musikalischen Eindruck aus seiner früheren Heimat zu vermitteln. Dies sei sehr einfach im Gegensatz zum Klavierspiel, betonte er.

Abends gab er ein öffentliches Konzert im gut gefüllten Musiksaal, bei welchem er spontan von Katja Heck auf der Geige begleitet wurde, welche bereits öfter mit ihm aufgetreten war und dabei die Lesungen aus seinem Buch übernommen hatte.

Viele waren fasziniert und beeindruckt von der Begegnung mit Aeham Ahmad, welcher mit seiner offenen, herzlichen und spontanen Art den Kontakt zum Publikum aufbaute und dieses sofort mit einbezog. Seine lebensbejahende, positive Ausstrahlung trotz schmerzlicher Verluste von Freunden und Familienangehörigen im syrischen Bürgerkrieg, setzen ein Zeichen der Hoffnung für Frieden und Verständigung. Sein Kriegstrauma ist für ihn Ansporn und Motivation in seinem Beruf als Musiker.

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